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Samstag, 25. April 2015

Van Anda, das Journalistengenie

Heute geht es in die Gegend zwischen Biberbrugg und dem Ägerisee, mein Wiedereinstieg ins Wandern nach zwei krankheitsbedingt ausgefallenen Samstagen. Ich hoffe, der Föhn hält durch, bis wir fertig sind. Und ich hoffe, ich halte durch gegen den Resthusten und eine generelle Schwadrigkeit. Morgen will ich dann ein Buch fertiglesen, "The Kingdom and The Power" von Gay Talese aus dem Jahr 1966. Es ist grossartig geschrieben und zeichnet die Geschichte der New York Times von ihren Anfängen bis in die Gegenwart. Figur um Figur ist noch machtgieriger, intriganter, genialer - die Porträts der unglaublichsten Gestalten reihen sich, die mit Präsidenten per Du waren und mit ihren Stories Geschichte schrieben. Hier nur ein Beispiel: Carr van Anda, Chefredaktor von 1904 bis 1932. Sein Blick war so starr und durchdringend, dass man ihn "Todesstrahl" nannte. Nicht nur Journalist war er, sondern auch ein Gelehrter und Genie der Mathematik. Vier Müsterchen:
  • In einem Artikel über Einsteins Vorlesungen fand er heraus, dass der Jahrhundertphysiker sich bei einer Gleichung verrechnet hatte.
  • Auf einer Fotografie, die ein 4000 Jahre altes Grab zeigte, las er den Hieroglyphentext und fand, dass die Art, wie der Text Vorgänge von damals darstellte, seltsam sei (er beherrschte die altägyptische Sprache). Auf komplizierten Wegen führte das zur Erkenntnis führender Spezialisten, dass der junge Pharao Tutenchamon ermordet worden war.
  • Stets ärgerte sich Van Anda über die Behauptung, die Titanic könne nicht sinken. Als in einer eisigen Nacht deren Funkgerät nach einem Notruf verstummte, durchschaute er sofort, was geschehen war; die New York Times meldete dann als erste Zeitung weltweit die Katastrophe. Andere Blätter druckten vorerst die Behauptung der Schifffahrt-Gesellschaft nach, das Schiff habe Probleme mit einem Eisberg, sei aber okay.
  • Im ersten Weltkrieg beschaffte sich der Chefredaktor jede nur verfügbare Militärkarte, zog seine eigenen Schlüsse und ahnte meist im voraus, wo die nächste Offensive stattfinden würde. Deshalb waren die Reporter der Times meist die ersten, die berichten konnten. Van Anda schickte sie an die richtigen Orte.

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