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Freitag, 19. April 2024

Spendables Sirnach

Sirnachs Wappen mit
drei Jakobsmuscheln.
Vor einiger Zeit passierten wir auf dem Jakobsweg Sirnach. Dass die Jakobspilgerei über Jahrhunderte den Ort im Kanton Thurgau geprägt hat, sieht man schon am Gemeindewappen, es zeigt drei Jakobsmuscheln, das Zeichen der Jakobspilger. An der Sirnacher Fasnacht wird zudem die Muschelfee erkoren, eine junge Frau, die nach der Wahl einer riesigen Muschel entsteigt und für fünf Tage die Gemeinde führt. Besonders hübsch finde ich eine andere Gepflogenheit: Jakobspilgerinnen und -pilger bekommen im "Engel", einem stattlichen Gasthaus, das früher eine Pilgerherberge war, gegen Vorweisung des Pilgerpasses gratis eine einfache Mahlzeit. Die Kosten übernimmt die Bürgergemeinde. Doch, Sirnach hat Stil.

Donnerstag, 18. April 2024

Die Stellvertreterin

Rosa Gutknecht, 1885 in Deutschland geboren, kam als kleines Kind in die Schweiz, wuchs in Zürich und später in Graubünden auf. 1901 wurde sie in Chur konfirmiert, sie war reformiert. Gutknecht besuchte das Lehrerseminar in Zürich, stellte später fest, dass ihr der Schulbetrieb nicht gefiel, ging an die Uni, begann 1913 ein Theologiestudium. Als erste Schweizerin. 1918 wurde sie ordiniert, konnte aber nicht ordentliche Pfarrerin werden, der Zürcher Regierungsrat liess keine Frauen zum Pfarramt zu mit der Begründung, dass Frauen ja auch kein Stimm- und Wahlrecht hätten. Das Bundesgericht stützte den Entscheid. Die Landeskirche schuf die Bezeichnung "Pfarrhelferin", Gutknecht sprang für erkrankte Pfarrer ein, wirkte als Spitalseelsorgerin, erteilte Religionsunterricht, doch eben, eine vollwertige Pfarrerin durfte sie nicht werden. 1959 starb sie in Zürich. Ich stiess kürzlich auf sie, als ich in Zürich beim Grossmünster am Haus zum Loch vorbeikam. Dort erklärt eine blaue Tafel die Geschichte des historischen Hauses. Rosa Gutknecht, die lange im Haus zum Loch lebte, hat auch eine Tafel, angebracht durch die Gesellschaft zu Fraumünster. Diese Tafel ist stark abgenutzt – die Schrift an einigen Stellen fast nicht mehr lesbar. Seltsam, dass die Gesellschaft, die verdiente Zürcherinnen ehren will, die eigenen Tafeln nicht anständig unterhält.

Zwei historische Tafeln am Haus zum Loch in Zürich.

Mittwoch, 17. April 2024

Auf Ottos Spuren

Pilgern oder wandern die? Zwei Frauen am Lukmanier-Stausee.

Via Konstanz, das Rheintal, den Lukmanierpass und das Tessin reisten Deutsche im Mittelalter gern nach Rom. Nicht nur Händler, Pilger, Söldner nutzten diese Route, sondern auch hochgestellte Geistliche, Adelige und gar Kaiser wie Otto I. In alten Dokumenten ist wechselweise die Rede von der Via Francigena, Via Francisca, Via Francesca; in allen drei Ausdrücken steckt "Franke", gemeint sind die Deutschen. Neuerdings versucht hierzulande ein Verein, den Schweizer Abschnitt der Route zu neuem Leben zu erwecken, er hat sich auf den Namen "Via Francisca" festgelegt, "Via Francigena" ging nicht, denn diese Bezeichnung benennt mittlerweile fix eine andere Pilgerstrecke, die von Canterbury via die Westschweiz nach Rom. Die"Via Francisca" ist in der Deutschschweiz noch nicht beschildert, im Tessin hingegen schon. Der besagte Verein wolle die Via Francisca sozusagen "aus dem Schatten des Jakobsweges" holen, las ich soeben in einem Artikel auf srf.ch. Und bekam grad Lust, auf den Spuren von Kaiser Otto zu wandeln.

Dienstag, 16. April 2024

"Der alles stürzt und znichten richt"

Der Tod in Aktion, auf der rechten Tafel attackiert er ein Ehepaar. (Foto: Ronja)
Der ganze Totentanz.

Dass der Totentanz in der Heiligkreuz-Kapelle im Emmetter Ortsteil Sagendorf auch für uns Heutige ein Stoff zum Staunen, Studieren, Verweilen ist – wir verdanken es dem Pfarrer Franz-Xaver Gabriel. Als in den 1930er-Jahren die Beinhauskapelle von Emmetten abgerissen wurde, blieb der Totentanz übrig. Eine Holztafel von fast fünf Metern Breite mit 23 Einzelfeldern. Freilich war das Holz morsch, vom Wurm zerfressen, schmutzig. Und die Farben waren ausgetrocknet, teilweise abgeblättert, einzelne Partien der Tafel waren mit Leinwand überklebt. Pfarrer Gabriel kam auf die Idee, das um 1700 entstandene Kunstwerk von hohem Rang in die Heiligkreuz-Kapelle zu überführen, in die es passt, als sei es schon immer dort platziert gewesen. Vor dem Zügel hatte sich 1934/35 ein Künstler aus Beckenried ans Restaurieren gemacht. Auch dank ihm sehen wir Heutigen, wie der Tod sie alle holt vom Papst bis zur Kaiserin, vom Abt bis zur Edeldame, vom Bettler bis zu den Eheleuten. Zu dem Paar, das dahin gerafft wird, steht dies zu lesen: "Uff Erden ist kein sterckter Band / Uffzulösen als der ehelich Stand / Dan dieses Band der allein bricht / Der alles stürzt und znichten richt."
Sagendorf, Emmetten, die Heiligkreuz-Kapelle. Hinten links der Niederbauen.

Montag, 15. April 2024

Alles war gut

Bei der Schifflände von Treib kann man schön einkehren.
Wir hatten unseren Kafi aber schon in Brunnen getrunken.
Abenteuer Jakobsweg: schmale Passage einige Zeit nach Triglis.
Ich ass wenig, der Wärme wegen. Mein
Fischsüppli mit Safran war sehr fein. 
Die vierstündige Etappe von Treib via Triglis und Recketen nach Emmetten und weiter via Schöneck und Rütenen nach Beckenried war die schönste der sieben Etappen auf dem Schweizer Jakobsweg, die wir bis jetzt gemacht haben. Fanden wir am Samstag unisono. Natürlich liegt das zuallererst am Weg, der nach Triglis abenteuerlich durch den steilen bewaldeten Felshang führt mit dem Vierwaldstättersee in der Tiefe. Am Weg, der den Blick auf grosse Berge wie die Mythen, den Fronalpstock, den Niederbauen, den Uri Rotstock, die Rigi und den Pilatus geradezu forciert. Am Weg, der zu diversen historischen Kapellen und Kirchen leitet. Hinzu kam die Stimmung im Grüppli; die Schifffahrt von Brunnen nach Treib, so kurz sie war, machte Freude, die Sonne und ihre Wärme sowieso. Und der späte Zmittag kurz nach zwei Uhr im "Rössli" in Beckenried war ebenfalls ein Vergnügen: feines Essen, Direktblick über den Vierwaldstättersee und eine junge Serviererin, die derart höflich, flink, umsichtig war, dass es für drei Servicepersonen gereicht hätte. Am Samstag war alles gut.
Emmetten ist nah, aber noch nicht zu sehen, es liegt hinter der Graskrete in der Bildmitte.
Vorne rechts die Heiligkreuz-Kapelle. Ihr will ich einen eigenen Eintrag widmen.

Steiler Abstieg auf gutem Weg
von Schöneck nach Rütenen.

Sonntag, 14. April 2024

Star des Tages war …

Der Schweizer Jakobsweg führt von Brunnen SZ über
den Vierwaldstättersee nach Treib UR. Seine offizielle
Nummer im nationalen Wegnetz, die 4, ist darum im
Wasser platziert. (Schweizmobil-Screenshot).

Gestern begingen wir ein weiteres Stück des Schweizer Jakobsweges. Nicht die Etappe 7 von Einsiedeln nach Schwyz nahmen wir uns vor, die eigentlich dran wäre; es hat um die Haggenegg im Schatten eventuell ein kleines bisschen Schnee, sodass der Weg glitschig sein könnte. Und vor allem ist das Gasthaus auf dem Pass noch geschlossen. Die Etappe 8 wiederum von Schwyz nach Brunnen ist sehr kurz, nur etwas über zwei Stunden sind für sie nötig. Dieses Stück sparen wir uns auf für einen Schlechtwettertag. Womit wir bei der gestrigen Unternehmung wären: Sie fand bei strahlendem Wetter statt. Wir machten Etappe 9, die mit der Schifffahrt von Brunnen nach Treib startete. Und zogen dann von Treib hinauf nach Emmetten und hinab nach Beckenried, was ingesamt vier Stunden dauerte. Star des Tages war der Vierwaldstättersee mit seiner sagenhaften Bläue, den wir praktisch permanent vor Augen hatten. Hier drei Fotos, eines vom Anfang, eines von der Mitte und eines vom Ende der Wanderung, mehr zu ihr erzähle ich morgen oder übermorgen.

Vierwaldstättersee (I): Mit dem Schiff fahren wir von Brunnen nach Treib.
Vierwaldstättersee (II): Blick aus den Felsen nah Emmetten aufs Wasser. Hinten rechts die Mythen.
Vierwaldstättersee (III): Im "Rössli" Beckenried assen wir auf der Terrasse.

Samstag, 13. April 2024

Die 63 Zentimeter von Willisau

Fällt nicht gross auf: die Elle beim Eingang zum Willisauer Rathaus.
Das Rathaus. Im Erdgeschoss gibts heute einen Saal
für Veranstaltungen, darüber haben die Schulischen
Dienste und die Musikschule Willisau ihre Räume.
Willisau hat mehrere Brände hinter sich. Nach dem letzten baute man in der Hauptgasse um das Jahr 1720 ein stattliches Haus fürs Gewerbe, Tuch- und Kornhändler hielten hier ihre Waren feil, im Erdgeschoss war das Schlachthaus eingerichtet. Seit 1887 dient das Gebäude als Rathaus, es ist sozusagen ein sozialer Aufsteiger. Am Freitag schaute ich mich im historischen Städtchen um, musterte natürlich auch das Rathaus, man kann es nicht übersehen. Der Metallstab links im Eingang allerdings ist schon sehr unauffällig. Er ist ein Stück Erinnerung an das frühere Marktgeschehen, es handelt sich um die Willisauer Elle. Bekanntlich hatte in früheren Jahrhunderten jede Region, manchmal gar jeder Flecken im Land seine eigenen Masseinheiten. Willisaus Elle hatte eine Länge von 63 Zentimetern.

PS: Gestern vermass ich mich zuhause, bestimmte den Abstand von den Fingerspitzen bis zum Ellenbogen. Die Widmer-Elle ist 45 Zentimeter lang. Dies entspricht praktisch genau der antiken griechischen Elle. Das gefällt mir.